+41 31 312 27 54

office@vatplus.ch

Zytglocke

Steuervertretung für Zwecke der schweizerischen Mehrwertsteuer (MWST)

für ausländische Unternehmen

Die Steuervertretung von ausländischen Unternehmern, die in der Schweiz für die Mehrwertsteuer registriert sind, bedeutet, dass die schweizerischen Steuerbehörden ihre Korrespondenz und Verwaltungsentscheidungen nicht direkt an das Unternehmen im Ausland senden, sondern an eine Person oder ein Unternehmen in der Schweiz, die bzw. das von dem ausländischen Unternehmen bevollmächtigt wurde, es gegenüber den schweizerischen Steuerbehörden zu vertreten.

Warum Steuervertretung?

Grundprinzip1 des Völkerrechts und entsprechend auch des Verwaltungsrechts ist, dass Staaten nur auf ihrem eigenen Territorium Steuern erheben können. Das bedeutet, dass Staaten die für die Erhebung oder Eintreibung von Steuern erforderlichen Verwaltungshandlungen nur innerhalb der Grenzen ihres Territoriums vornehmen können.n.

Eine Folge dieses Prinzips ist, dass ein fremder Staat auf dem Gebiet des Staates, in dem ausländische Unternehmen ansässig sind, keine Verwaltungsakte vornehmen darf, die der Besteuerung oder Steuererhebung dienen oder diese unterstützen. Eine angemessene Lösung für diesen Aspekt der Souveränität besteht darin, dass ein Staat ausländischen Unternehmen die Verpflichtung auferlegt, einen im Hoheitsgebiet dieses Staates ansässigen Fiskalvertreter zu ernennen. Auf diese Weise kann ein Staat auch Steuern von ausländischen Unternehmen erheben, die für Zwecke der schweizerischen Mehrwertsteuer registriert sind.

Vom vorgenannten Grundsatz kann nur abgewichen werden, wenn ein völkerrechtlichen Vertrag, der die grenzüberschreitende Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen regelt, zwischen der Schweiz und dem ausländischen Sitzstaat des ausländischen Unternehmens besteht.

Wenn ein ausländisches Unternehmen keinen Steuervertreter hat und auch keinem internationalen Abkommen über die grenzüberschreitende Zustellung von Dokumenten in Verwaltungsangelegenheiten in der Schweiz und dem anderen Staat unterliegt, hat die Schweiz keine andere Wahl, als die Verwaltungsdokumente auf diplomatischem Weg an das ausländische Unternehmen zu senden (d. h. über das Außenministerium der Schweiz an das Außenministerium des anderen betreffenden Staates).

Bei Nichteinhaltung dieser Vorschrift (sogenannter „fiktive Auslandzustellung“) 2 hat die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen verwaltungs-, zivil- und strafrechtlicher Art zur Folge. Diese rechtlichen Konsequenzen basieren auf dem internationalen Recht sowie dem Recht des Staates, in dem das ausländische Unternehmen seinen Sitz hat.

Nach internationalem Recht können sich natürliche oder juristische Personen nur in einer begrenzten Anzahl von Fällen als Rechtssubjekt direkt an ein internationales Gericht wenden. Ausländischen Unternehmen, die in ihrem Sitzstaat mit einer fiktiven Zustellung durch eine Schweizer Behörde konfrontiert werden, wird daher empfohlen, sich über die geeigneten Rechtsmittel in ihrem Sitzstaat zu informieren.

VAT plus kann Ihr Unternehmen unterstützen, wenn Ihr Unternehmen direkt vom schweizerischen Staat in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten mit unrechtmässigen Mitteln belangt wird.

Steuerliche Vertretung: ein notwendiges Übel?

Jedes Unternehmen ist bestrebt, die Kosten so gering wie möglich zu halten. Die Verpflichtung zur Bestellung eines Steuervertreters wird daher oft als unerwünschter Kostenfaktor angesehen. Die praktische Erfahrung zeigt jedoch, dass ausländische Unternehmen oft Schwierigkeiten haben, die Schweizer Mehrwertsteuer zu verstehen.

Einerseits ist dies daran schuld, dass in vielen ausländischen Unternehmen das umsatzsteuerliche Fachwissen in der Regel zu gering oder gar nicht vorhanden ist bzw. abgenommen hat - ein Trend, der seit einigen Jahren zu beobachten ist. Man weiß oft nicht, worauf es bei der Umsatzsteuer ankommt und vergisst, dass Umsatzsteuertechnik und Sprachgebrauch zwei verschiedene Dinge sind.

Andererseits ist die Tatsache, dass die schweizerischen Mehrwertsteuer ein eigenen Charakter hat, eine wichtige Quelle von Missverständnissen. Eingebettet in die eigene rechtliche oder öffentlich-rechtliche Kultur haben mehrere Begriffe oder Konzepte der schweizerischen Mehrwertsteuer einen Inhalt, der sich von dem unterscheidet, der in den Mehrwertsteuersystemen anderer Länder üblich ist. Je nach dem können diese Unterschiede erhebliche Konsequenzen haben.

Rechtscharakter der Steuervertretung

Die Grundlage der steuerlichen Vertretung ist die Vollmacht. An der Vollmacht sind drei Parteien beteiligt: a) der Auftraggeber, d.h. das ausländische Unternehmen; b) dder Bevollmächtigte, d. h. die Person oder Einrichtung, die sich bereit erklärt, als Vertreter des Bevollmächtigten zu handeln; und c) der schweizerische Staat in der Eigenschaft der Eidg. Steuerverwaltung, Hauptabteilung MWST.

Die Vollmacht muss sowohl vom Vollmachtgeber als auch vom Bevollmächtigten (Steuervertreter) datiert und unterschrieben werden und muss dann an die Schweizer Steuerbehörden übermittelt werden. In der Regel erfolgt diese Übermittlung durch Hochladen der Vollmacht, wenn das ausländische Unternehmen über das Online-Verfahren für die Erteilung einer Schweizer MwSt-Nummer gemeldet wird.

Die (schweizerische) Rechtsprechung beschreibt die Rechtsnatur der Vertretung in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten wie folgt:3

"Die Rechtsbeziehungen zwischen dem gewillkürten Vertreter und dem Vertretenen werden grundsätzlich vom Privatrecht bestimmt. Die Bestellung eines Vertreters erfolgt durch dessen Bevollmächtigung. Dabei handelt es sich um ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft, das dem Vertreter die Befugnis verschafft, den Vertretenen Dritten gegenüber zu vertreten. Die Wirkungen der Vertretung bestehen darin, dass die vom Vertreter im Namen der vertretenen Partei vorgenommenen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar für oder gegen die vertretene Partei gelten, wie wenn sie selbst gehandelt hätte. Kenntnisse des Vertreters gelten als der vertretenen Partei bekannt bzw. werden ihr zugerechnet".

Eine gültige Vollmacht hat Rechtsfolgen für alle Beteiligten (Vollmachtgeber, Bevollmächtigter und schweizerische Steuerverwaltung).

So muss der Vollmachtgeber, der sein Rechtsverhältnis mit dem Bevollmächtigten beendet, aber Steuerpflichtiger für die schweizerische Mehrwertsteuer bleibt, nicht nur den Bevollmächtigten über das Ende der Vollmacht informieren, sondern der Vollmachtgeber muss gleichzeitig auch eine neue Vollmacht durch den neuen Bevollmächtigten an die schweizerischen Steuerbehörden übermitteln lassen.

Im Gegenzug muss der Bevollmächtigte bei Beendigung der Vertretungsmacht den Vollmachtgeber darauf hinweisen, dass der Bevollmächtigte einen neuen Bevollmächtigten ernennen muss, wenn der Vollmachtgeber weiterhin Steuerpflichtiger für Zwecke der schweizerischen Mehrwertsteuer bleiben will, dessen Ernennung zeitlich nahtlos an das beendete Rechtsverhältnis anknüpfen muss - zumindest wenn der Vollmachtgeber sich nicht schadensersatzpflichtig machen will, wenn er trotz der Beendigung der Vollmacht die alte Vertretung gegenüber den schweizerischen Steuerbehörden fortbestehen lässt.

Das Vorliegen einer gültigen Vollmacht bedeutet, dass die schweizerische Steuerbehörde ihre Mitteilungen und Verwaltungshandlungen über den Bevollmächtigten an das ausländische Unternehmen richten muss. Es ist daher nicht zulässig, dass sich die schweizerische Steuerbehörde, anstatt den Bevollmächtigten zu benachrichtigen, direkt auf diplomatischem Weg (= schweizerisches Außenministerium an das Außenministerium des betreffenden anderen Staates) an den ausländischen Unternehmer (ebenfalls Bevollmächtigter) wendet. Wird trotz Kenntnis eines Vertretungsverhältnisses ein Verwaltungsakt ausschließlich an den Bevollmächtigten zugestellt, ist die Zustellung fehlerhaft und darf keine Nachteile für den Vollmachtgeber zur Folge haben4.

Professionelle Steuervertretung

Bei der Rechtsposition des Fiskalvertreters kann unterschieden werden zwischen dem Rechtsverhältnis gegenüber a dem Vollmachtgeber, b dem schweizerischen Staat (insbesondere der Steuerbehörde/Zoll), sowie gegenüber c Dritten.

Der Steuervertreter hat das ausländische Unternehmen/den ausländischen Dienstleistungserbringer über die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der schweizerischen Mehrwertsteuerpflicht zu informieren. Darüber hinaus hat der Steuervertreter die Rechte des ausländischen Unternehmens/den Vollmachtgeber nach besten Kräften zu wahren und das ausländische Unternehmen/den Vollmachtgeber bei der Erfüllung der Pflichten im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuerpflicht zu unterstützen. Beide Aufgaben haben den Charakter einer "Bemühungspflicht".

Gegenüber der schweizerischen Steuerverwaltung hat der Steuervertreter bei der Erfüllung seiner Aufgaben die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten und die Interessen des schweizerischen Staates im Auge zu behalten, ohne jedoch die Interessen des Vollmachtgebers zu vernachlässigen oder ihnen nur einen zweiten Rang einzuräumen. Gegebenenfalls muss der Steuervertreter rechtliche Schritte einleiten, wenn er der Meinung ist, dass die schweizerischen Steuerbehörden die Rechte des Vollmachtgebers verletzen.

Der Steuervertreter muss wissen, wo die Grenzen seiner Verantwortung liegen. Aus Sicht der Corporate-Governance- oder gesellschaftsrechtlichen Vorschriften in den Rechtsordnungen, denen das ausländische Unternehmen unterliegt, sollte (=wird) der Vollmachtgeber selbst Superuser für das eportal sein, auf dem die Schweizer Mehrwertsteuer-Abrechnungen eingereicht werden. Darüber hinaus muss der Vollmachtgeber selbst oder, im Falle einer Auslagerung, sein lokaler Buchhalter oder Steuerberater die Mehrwertsteuer-Abrechnungen einreichen. Für den Steuervertreter ist es nicht notwendig, ein Superuser zu sein, sondern es reicht eine Zugriffsebene mit weniger Rechten, z.B. Vorbereiter, aus. Ein Steuervertreter, der dem Vollmachtgeber die gesamte Verantwortung abnimmt, erfüllt seine Aufgabe nicht ordnungsgemäß.

Rechtliche und mehrwertsteuerliche Unterstützung durch den Steuervertreter

Gemäss dem schweizerischen Mehrwertsteuergesetz müssen ausländische Unternehmer, die als Steuerpflichtige für die schweizerische Mehrwertsteuer registriert sind, einen Steuervertreter in der Schweiz bestellen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen ausländischen Wirtschaftsprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaften, die über eine schweizerische Briefkastenfirma ein Büro in der Schweiz vortäuschen, aber ihre gesamte Tätigkeit vom Ausland aus ausüben, und echten professionellen Rechtsdienstleistern u.a. im Bereich der indirekten Steuern, die ihre Tätigkeit tatsächlich in der Schweiz ausüben.

Das erfolgreiche Anbieten von Dienstleistungen rechtlicher oder steuertechnischer Art setzt nicht nur die Vertrautheit mit der Kultur und der Verwaltungsrechtspraxis des betreffenden Landes, in diesem Fall der Schweiz, voraus, sondern auch die tägliche Auseinandersetzung mit den relevanten Bereichen des Schweizer Rechts. Nur unter diesen Voraussetzungen kann von einer professionellen rechtlichen und steuertechnischen Unterstützung im Bereich der schweizerischen Mehrwertsteuer und verwandter Rechtsgebiete gesprochen werden.

Ein professioneller Steuervertreter weiß, wann und wie er sich durchsetzen muss. Wenn z.B. Transportunternehmen/Zollagenten von Mandanten mit Fragen an den Steuervertreter herantreten, sollte er in der Lage sein, sie unmissverständlich darauf hinzuweisen, wenn die Transportunternehmen/Zollagenten von falschen Annahmen ausgehen - was regelmäßig der Fall ist. Ein professioneller Dienstleister weiß aus Erfahrung, dass ein Steuervertreter für ein ausländisches Unternehmen nicht viel bringt, wenn der Steuervertreter dem ausländischen Unternehmen nicht auch in angrenzenden Rechtsgebieten helfen und aktiv unterstützen kann. Zollrecht, Marktregulierung, Arbeitsrecht (Entsendung ausländischer Mitarbeiter in die Schweiz), relevantes Gesellschafts-, Handels- und Zivilrecht sind einige der Bereiche, mit denen sich ein ausländisches Unternehmen, das in der Schweiz tätig ist, auseinandersetzen muss. Die MWST Registrierung und die Vorbereitung von Mehrwertsteuer-Abrechnungen sind wichtige Aspekte der Steuervertretung, aber nicht die einzigen Aspekte dieser Aufgabe.

  1. 1 Vgl. zum Beispiel der Permanente Internationale Gerechtshof, Urteil vom 7. September 1927, "Lotus", Publications of the Permanent Court of International Justice, Series A - No. 10, Seite 4 ff. (18-19): "International law governs relations between independent States. The rules of law binding upon States therefore emanate from their own free will as expressed in conventions or by usages generally accepted as expressing principles of law and established in order to regulate the relations between these co-existing independent communities or with a view to the achievement of common aims. Restrictions upon the independence of States cannot therefore be presumed. Now the first and foremost restriction imposed by international law upon a State is that -failing the existence of a permissive rule to the contrary- it may not exercise its power in any form in the territory of another State. In this sense jurisdiction is certainly territorial; it cannot be exercised by a State outside its territory except by virtue of a permissive rule derived from international custom or from a convention"; International Court of Justice, Urteil vom 9. April 1949, "Corfu Channel", Reports of Judgements, Advisory Opinions and Orders, (1949), Seite 4 ff. (35): "Between independent States, respect for territorial sovereignty is an essential foundation of international relations". Für eine Veränderung oder Relativierung des Konzepts der staatlichen Souveränität, siehe z. B. die Studie von Joseph Raz, The Future of State Sovereignty, KING'S COLLEGE LONDON DICKSON POON SCHOOL OF LAW LEGAL STUDIES RESEARCH PAPER NO. 2017-42; OXFORD LEGAL STUDIES RESEARCH PAPER NO. 61/2017; COLUMBIA PUBLIC LAW RESEARCH PAPER NO. 14-574 (2017); oder zum Beispiel José E. Alvarez, State Sovereignty is Not Withering Away; A Few Lessons for the Future, in Antonio Cassese (ed.), Realizing Utopia - The Future of International Law, Oxford 2012, Seite 26 ff.; wie auch der Bericht XIII. Treffen der obersten Verwaltungsgerichtshöfe Deutschlands, Österreichs, der Schweiz und Liechtensteins vom 7. bis 10. November 2002 in Vaduz - Internationales Verwaltungsrecht: Das Territorialitätsprinzip und seine Ausnahmen, Bericht von Thomas Merkli.
  2. 2 Siehe grundsätzlich z.B. B. Schmitz, Fiktieve Auslandszustellung - Die Fiktion der Zustellung von Hoheitsakten an im Ausland wohnende Empfänger aus verfassungsrechtlicher und völkerrechtlicher Sicht, Berlin 1980.
  3. 3 Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Dezember 2012, BVGer A-1645/2012, Erwägungsgrund 3.1.2.
  4. 4 Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29. Oktober 2024, BVGer A-4122/2024, Erwägungsgrund 1.4.2.